PROJEKT: Restaurierung und Instandsetzung
PEK Analogrechner Typ 38500
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PEK Analogrechner; Bereitstellung und Ankuft
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Der
PEK
Analogrechner erreicht mich gut verpackt auf einer Palette im Februar
2015 per Spedition (es ist nur die vordere Palette auf der
Hebebühne :-) ). Der Rechner war bei der VEBEG ausgeschreiben
und
erreicht mich über einen Zwischenhändler.
Vorausgegangen
waren einige Korrespondenz,
Verhandlungen und, an Hand von Fotos, Spekulationen
meinerseits,
ob dieses System wieder instandgesetzt werden
könnte.
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PEK Analogrechner, Anlieferung.
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Nach
den
Speditionspapieren wiegt die Palette rund 120 kg und ich bekomme
tatkräftige Unterstützung. Praktischerweise
sind die beiden Schränke unten mit je vier Rollen versehen und
lassen sich,
von der Paltte geschoben, zumindest in der Ebene leicht bewegen.
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PEK Analogrechner in Rollschränken, Aufdruck und Seriennummer |
Nach Recherchen war die Firma PEK, benannt nach
ihrem Gründer Dr. Ing. Paul Eduard Klein, bis 1973 ein
renommierter Hersteller von Elektronik-Lehrmitteln, angesiedelt in
Tettnag, Württemberg, und auch Mitbegründer
und enger
Partner der dortigen Technikerschule. (Im Elektronik-Museum
Tettnag ist ein gut erhaltener PEK
Digital-Schulrechner
ausgestellt.)
Die Anlage vom Typ 35957 war
das vermutlich einzige Analogrechner-Modell, das PEK
Electronic gebaut hat; es lässt sich leider nicht
abschätzen wieviele Exemplare des Rechners gefertigt wurden,
denkbar ist, dass er eigens für die Ausbildung bei der
Bundeswehr entwickelt und hergestellt wurde.
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PEK Analogrechner. Module untergebracht im Schrankinneren. Deutschland,
ca. 1972 |
In den Schränken sind die einzelnen Rechnermodule auf DINA-3
großen Platten untergebracht (die grüne Farbe der
Platten ist soetwas wie das Markenzeichen der Firma PEK). Die
Schränke enthalten auch die Verkabelung der Module
untereinander, die Dokumentation sowie das umfangreiche
Zubehör bestehend aus Programmierkabeln, Steckern und
zuschaltbaren Bauteilen. Die Platten werden in die Profilschienen des
aufgestellten Schrankrahmens geschoben. Ein erster (unsortierter)
Aufbau zeigt
das Bild unten. Das Gesamtsystem ist in einem für sein Alter
guten Erhaltungszustand, leicht angestaubt, die Farbe leicht geblichen.
Leider fehlt eines der (auch sehr zentralen) Module: Das
Potentiometerfeld Typ 38501. Ebenfalls nicht mehr vorhanden: Der in dem
System integrierte XY-Schreiber vom Typ 7005B von Hewlett-Packard.
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PEK Analogrechner, erster Aufbau |
Glücklicherweise ist die Dokumentation, bestehend aus einer
Gerätebeschreibung nebst Wartungsanleitung und
Stromläufen im Original erhalten geblieben. Erste Tests
zeigen,
dass die Tafeln soweit in sich vollständig sind und auch
elektronisch (qualitativ) funktionieren. Wie gehen wir bei der
Restaurierung und Instandsetzung vor?
Die Nummerierung der Platten geben eine gute Reihenfolge vor (38501 bis
38513). Vorangestellt ist allerdings das Richten und Abnehmen der
Elektrik und der Stromversorgung. Die Stromversorgung Typ 38513
funktioniert tadellos und liefert die beiden Betriebsspannungen +15V
und -15V. Die in die Schränke eingelassne Elektrik bedarf
etwas
Überarbeitung, besteht danach aber einen einfachen VDE-Test.
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PEK Analogrechner, eingelassene Steckdosenleiste |
Mit dem leider
fehlenden
Potentiometerfeld Typ 38501
kommt
die große Herausforderung gleich zu Beginn: Neben den 15
Stück Zehn-Gang-Potentiometern mit Feinstell-Skala
enthält
dieses Modul auch eine wichtige Kabelweiche, um das Programmierfeld in
der unteren Reihe mit den Integrierern und Multiplizierern in der
oberen Reihe zu verbinden. Die Verbindung wird hergestellt
über nicht gerade handelsübliche 104-polige
Serie-M
Stecker der Firma AMP (unter dem Namen findet sich die Firma auch noch
in einem
Katalog von 2003). Die "Receptacle Housings" und zugehöriges
Accessories sind schwer auszumachen, finden sich aber mit identischer
Teielnummer nun im Programm der Firma TE CONNECTIVITY. Da ein
Umbau auf ein anderes Steckersystem vermutlich ungleich
aufwändiger und auch nicht bestechend
günstiger
ist, bestellen wir die beiden Buchsen und Stecker, nebst Pins, Sockets
und "Turnable Jackscrews" bei einem Distributor in
den USA.
Durch einen Zufall bekomme ich relativ rasch und günstig einen
Posten an 10-Gang-Potentiometer (2 kOhm) nebst Feinstellskalen.
An Hand der Dokumentation rekonstruieren wir, wie die Tafel ausgesehen
haben müsste und fertigen vorab ein Papp-Modell (Bild
unten,
links). Anschließend: Zusammenstellen der
Stückliste, Suche
nach dem jeweils geeignetsten Anbieter, Bestellungen in diversen
Online-Shops, Beobachten der Tracking-Systeme ...
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PEK Analogrechner, links: Planung des Potentiomerterfelds 38501A;
rechts series-M "160-way"-Stecker von AMP |
Der Summierer
I Typ
38502 ist
eines von zwei Modulen dieser Art. Jeder der sechs Summierer
arbeitet mit einem Operationsverstärker vom Typ
SN72709L;
vier davon sind fest-, zwei weitere sind variabel und so mit
veränderbarer Verstärkung
rückgekoppelt. Jeder
der Rechenverstärker führt fünf
Eingänge, von denen
drei mit
1 - und zwei mit 10 faktorisiert sind. Der Name ist Programm: Ein
Summierer summiert die an den Eingängen liegenden elektrischen
Spannungen und
gibt das Ergebnis als Spannung am Ausgang
invertiert
wieder aus. Man muss allerdings so rechnen und faktorisieren, dass das
Ergebnis keinen höheren Wert als
10 Volt
(gleichsam Plus wie Minus) erreicht. Der
Ausgang enthält dazu auch eine kleine Leuchtanzeige,
die bei
Übesteigen
der Ausgangspannung von |10 Volt| anspricht. Mit einem schwarzen Taster
kann die Anzeige wieder gelöscht werden.
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PEK Analogrechner. Summierer Typ 38502 und 38504 und Stromversorgung
38513 |
In dem auf gleiche Weise aufgebauten Summierer
II Typ 38504
(Mitte Bild oben) blieben die kleinen Lampen bei Übersteuerung
des
Verstärkers dunkel.
Wie arbeitet diese Überspannungs-Anzeige?
Setzen und
Zurücksetzen der Kontroll-Anzeige wird über ein mit
Transistoren aufgebautes
Flip-Flop bewirkt. Die erste Platine im Kartenträger der
Summierer
enthält eine nette kleine Hilfsschaltung mit einem Transistor
und
einem Kondensator, die die Flip-Flops aller
sechs Summierer bei Einschalten der Anlage linitialisiert:
Unmittelabr nach Anlegen der Betriebsspannungen schaltet der Transistor
durch und bringt die Flip-Flops in den Ausgangszustand (Lampe dunkel).
Ist der an der Basis des Transistors liegende Kondensator aufgeladen
(und
hochohmig) sperrt der Transistor und gibt die Flip-Flops frei. Beim
Durchmessen
zeigte sich, dass der 50 uF Kondensator wohl "nicht ganz dicht" ist und
somit der Transitor durchgeschaltet blieb. Als Folge verharrten die
sechs Flip-Flops im Initialisierungs-Zustand und kippten bei
Ansteuerung nicht. Wir löten also einen neuen Kondensator in
die
Schaltung und testen die Übersteuerung aller zwölf
Vestärker anschließend positiv.
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PEK Analogrechner;
links: eine Summierer-Platine; rechts: der
Betriebsartenschalter |
Mit
dem Modul Bedienung
und
Steuerung
Typ 38509
lässt sich manuell die Betriebsart des Rechners schalten(siehe
Bild oben rechts); die
Platte liefert auch die beiden Referenz-Spannungen: + 10V und - 10V,
die aus den Betriebsspannungen gewonnen werden. Als Referenz kommt je
eine 5,6 V Zenerdiode zum Einsatz; eine Stabilisierung der Spannung
wird über einen Operationsverstärker mit
nachgeschaltetem
Transistor erreicht, an dessen Emitter die Rückkopplung
fußt.
Leider waren bei einem ersten Einschalten beide Schaltkreise defekt und
lieferten nur heiße OPs und Spannungen jenseits von 10 Volt.
Als
Vergleichstype zum SN 72709L findet sich der uA709 aufgeführt
und
ich erwerbe einen Posten der Type TOA2709V mit identischen
Spezifikationen. Auf den Platinen lässt sich in der einen
Schaltung ein defekte Z-Diode, in der anderen ein offener Transistor
ausmachen. Die Restaurierung auf Bauteil-Ebene macht sich bezahlt: Die
Referensspannungen lassen sich nach Austausch der defekten Komponenten
wieder exakt einstellen und bleiben auch stabil.
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PEK Analogrechner: Rekonstruktion des Potentiometerfeldes Typ 38501 |
Obige Bilder zeigen die Rekonstruktion des Moduls Potentiometer Typ 38501:
Fünfzehn 10.Gang Potentiometer 2 kOhm mit Feinsteller und
AMP-Spezialstecker, insgesamt 76 Bohrungen
und 172 Lötstellen; die Farbe wird mir in einem
Lackiergeschäft angemischt. Das Modul führt zudem
über zwei 30-polige Messerstecker alle Kontakte der
Integrierer und Multiplizierer an das Programmierfeld
weiter. Uff, nach dieser Arbeit und den
abschließenden
Durchgangsprüfungen kenne ich bald jede Litze des
Analogrechners. Die Mühe zahlt sich aber aus: Nun sind alle
Module
des Analogrechners korrekt verbunden
und ich kann auf dem Programmierfeld die erste Rechnung stecken.
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PEK Analogrechner. Detail Programmierfeld, Summation |
Die Rechenoprationen Addition und Subtraktion werden an
den Summierern
durchgeführt, die einzelnen
Summanden (elektrische Spannungen
mit entsprechenden Werten) auf dem Programmierfeld
zusammengebracht; auch eine Faktorisierung der einzelnen Spannungen ist
hier möglich. Auf obigem Bild zu erkennen: Die Summanden
werden
den Schleifern von Potentiometern entnommen und an die
Eingänge a
bis e des
Summierers S7 gelegt. Die oben abgebildete Programmierung setzt
folgende
Addtion
um:
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UA
= -( U1
+ 2*U2
+ 20*U3) |
PEK Analogrechner. Detail Summierer, Ergebnis Summation |
Mit U1=5,8
V U2=2,0
V und U3=
-0,21 V zeigt das Messinstrument oben abgebildetes Ergebnis an
(man muss anmerken, dass das Ergebnis nicht über viele Stunden
stabil ist, sondern um etwa +/- 0,1 V schwankt , besonders
eine
leichte Änderung der dritten Spannung und das Driften des
Operationsverstärkers machen sich bemerkbar).
Erfreulicherweise sind alle vier Rechenelemente des Integrierer Typ 38503
intakt. Wird
in den Rückkoppelzweig ein Kondensator gesteckt und an den
Eingang
des Vestärkers eine Spannung gelegt, so wird hier
über die
Zeit integriert (d.h. die Ausgangsspannung steigt an). Die Integrierer
werden über Relais gesteuert, die sich über einen
Schalter
vom Bedienfeld aus betätigen lassen. Somit können vor
der
eigentlichen Rechnung Anfangsbedingungen gesetzt und die Rechnung auch
unterbrochen werden. Ein Versuchssaufbau aus den Schulungsunterlagen
demonstriert so die Bildung einer Sägezahnspannung. Mit
Widerständen im Rückkoppelzweig arbeiten die
Integrierer wie
Summierer als Rechenverstäker
Etwas schwieriger verhält es sich mit dem Modul Parabel-Multiplizierer Typ 38505.
Mit vergleichsweise viel Schaltungsaufwand werden hier Dioden-Netzwerke
in vier Quadranten darauf verwendet, zwei Spannungen zu multiplizieren.
Erste Tests zeigten zwar über einige Strecken plausible Werte,
trotzdem war ein Neuabgleich ( jeweils acht Dioden/Widerstandsnetzwerke
pro Quadrant) erforderlich.
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PEK Analogrechner. Links zwei Integierer, rechts ein
Parabel-Multiplizierer |
Ein echter Hingucker ist das Modul Servo
Mulziplizierer Typ 38507. Die Multiplikation der
Spannungen
wird hier über ein elektromechanisches Verfahren erreicht,
wobei
ein Gleichstrommotor einen Vergleich der einen Eingangsspannung mit
Referezespannungen regelt und damit korrelierend die Faktorisierung
der zweiten Eingangsspannung stellt. Das Ergebnis wiird, zur
Anpassung an die Rechner-Arbeitsspannung abschließend durch
zehn
geteilt. Ein sehr faszinierendes Verfahren! Ich habe die etwas harzige
Mechanik mit Benzin gereinigt und mit einem halben Tropfen
Trompetenöl beglückt und alles läuft
vorbildlich! Die
Bilder unten zeigen folgende Rechnung
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UA
= ( U1 *U2)
/ 10 * (-10) |
PEK Analogrechner. Detail Programmierfeld, Ergebnis Multiplikation |
Mit U1=2,0
V und U2=3,5
V zeigt sich ein stabiles Ergebnis.
Nach weiteren Ergänzungen und nach Fertigen von angepassten
Steckmodulen und Programmierkabeln ist der PEK Analogrechner wieder
instandgesetzt. Es ist das nach meinen Recherchen einzig verbliebene
von vermutlich drei gebauten Exemplaren.
Weitere Rechenbeispiele sind auf der Hauptseite des PEK Analogrechners
Typ 38500 zu finden. |
Module
Analogrechner PEK Typ 38500:
38501
Potentiometer
38502 Summierer I
38503 Integrierer
38504 Summierer II
38505 Parabel-Multiplizierer
38506 Programmierfeld
38507 Servo-Multiplizierer
38509 Meßinstrument
38513 Stromversorgung
38515 Zubehör 1
38516 Zubehör 2
Abmessungen
Gesamtanlage, aufgebaut B x H x
T: (270 x 190 x 80) cm ; Gewicht: 120 kg
Dokumentation:
PEK
ELECTRONIC: Ausbildungsausstattung
Analogrechner Typ 35957. Geräte und Funktionsbeschreibung.
Bedienungsanleitung. Tettnang, 1971.
PEK ELECTRONIC: Ausbildungsausstattung Analogrechner Typ 35957.
Wartungs- und Instandsetzungsanleitung. 1972
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