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Unternehmen

Electronic Associates Incorporation ( EAI ) 
Scientific Computing System 8800



EAI 8800 Scientific Computing System; Krone und Namenszug

Eine kurze Geschichte des Vergessens: Das EAI 8800 - Scientific Computing System.
Dieser Analog-/ Hybridrechner mit einer Arbeitspannung von +/- 100 Volt wurde von der Electronic Associates Incorporatio, USA 1967 vorgestellt; das Exemplar hier mit der Seriennummer 113 war vermutlich an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen im Einsatz und nach seiner Ausmusterung ein Vorzeigestück der von Professor Ameling aufgebauten und sehr legendären Aachener Computersammlung. 
Es gibt noch einige wenige Augenzeugen, die von diesem Rechner in einem vollständigen und sehr guten Zustand berichten.
Nach der Schließung des Aachener Museums 2009 verliert sich die Spur dieser EAI 8800 (ebenso verliert sich die Spur für die Analogrechner EAI 231-RV und TELEFUNKEN RA 800, beides zwei herausragende Analogrechner aus Ende der 1960er Jahre).



EAI 8800 Scientific Computing System; Foto am ZCOM, Hoyerswerda, 2019


2019 taucht eine Holzkiste mit dem verschollen geglaubten Wissenschaftsrechner wieder auf, steht quasi vor der Tür. Es wird sich gekümmert, viel kommuniziert (vorallem mit dem Computer History Museum, CHM), ein Aufstellort gesucht und recherchiert, aber bald zeigt sich für alle Beteiligten und Interessenten: Das einstige Schmuckstück der Aachener Computersammlung ist in zehn Jahren sehr stark durchgealtert (es wird berichtet, die Holzkiste mit Rechner stand zehn Jahre im Freien). Die Korrosion an Rahmen, Verkabelung, Elektronik und Komponenten ist sehr weit fortgeschritten, mancherorts abgeschlossen. 

   


EAI 8800 Scientific Computing System, Ansicht von hinten

Ansicht von hinten: Mittig die Verteilschienen mit den Betriebsspannungen und die aufgelegten Signalleitungen für die analogen und digitalen Rechenelemente. Rechts in Einschubträgern die Steuerelektronik des Rechners (Mode Control) und die Elektronik für das Digital-Voltmeter. Links die Elektronik für die Steuerung des Digitalteils und ein Monitoring Panel. Über dem unten befindlichen Anschluss-Einschub für Strom und Peripherie fällt auf: Offenbar fehlen dem Rechner die Netzteil-Einschübe und bei näherem Betrachten zeigt sich auch, dass Teile der Steuerelektronik entnommen wurden.

   

EAI 8800 Scientific Computing System, serial 113 ohne Programmierfelder

Nach Auskoppeln des analogen und digitalen Programmierfeldes eine sehr überraschende Sicht: Dieser EAI 8800 fehlen sämtliche Recheneinschübe (oben digital, mittig analog). Über den Verbleib der Module ist auch in monatelanger, international durchgeführter Recherche in aktiven Netzwerken nichts in Erfahrung zu bringen. Wer hat diese Rechenelemete an sich genommen? Wie soll dieser Rechner ohne Netzteile und Rechenverstärker jemals wieder rechnen?
An vielen Stellen zeigt sich ein Fortschritt von Korrosion - ich habe eine solche Ausprägung von Zinkpest und Alufraß vorher noch nie gesehen:


 

EAI 8800 Scientific Computing System, das analoge Programmierfeld.


Der Zustand des Programmierfeld für den Analogteil ist auf dem Foto oben zu sehen. Laut Beschreibungen fertigte EAI Programmierfelder aus Aluminium, möglicherweise handelt es sich auch um Legierungen mit Magnesium, die die Korrosion und den Zerfall noch beschleunigen konnten. 


 


EAI 8800 Scientific Computing System, Detail Anzeige Voltmeter


Das Bild oben zeigt das analoge Anzeigeinstrument mit Messwerk aus dem Transistor-Voltmeter. Das Skalenblech ist durch-korrodiert (bemerkenswert: das Drehspul-Messerk ist noch intakt!). Bild unten zeigt den Metallrahmen eines im Unterschrank noch verbliebenen Multiplizierer-Einschubs, (Multiplier Mod Nr 07-002): Das Zink aus dem Messingbezug ist nahezu vollständig oxidiert; das darunter befindliche Eisenblech gerostst.  Die Papierlabel zerfallen beim bloßen Berühren mit dem Finger zu Staub. In den Multiplizierer-Eiischüben sind nahezu alle Steuer-Relais defekt.



EAI 8800 Scientific Computing System; das Digital Control Field


Da auch der Metallrahmen des Rechners an etlichen Stellen Rost (weit fortgeschritten) zeigt, Stecker, Buchsen und Kabelbäume zum Teil zerfallen und auch auf den verbliebenen Steuerplatinen Lötkontakte durchoxidiet sind, kommt man zu dem Schluss: Diese EAI 8800 wird nicht mehr rechnen können. Nur noch einige Module und Relikte lassen sich retten und verwahren. Der Rechnerrahmen mitsamt allen Stell-Potentiometern (die Leisten waren festgerostst), Verkabelung und den Präzions- Analogspeichern wird im Juli 2020 entsorgt.



EAI 8800 Scientific Computing System; Steckkarte aus dem Digital Control Field.


Bild oben zeigt eine typische Steckkarte aus dem Digital Control Field -Einschub (Mod No 040-06120 serial 151).
Zu erkennen sind die EAI-eigenen integrierten digitalen Schaltkreise.  Bei vollem Ausbau der EAI 8800 ließen sich im Digital-Teil des Rechners über 100 logische Baustene vernüpfen und in Sektoren getrennt voneiander ansteuern. 




EAI 8800 Scientific Computing System  USA, Steckkarte aus dem Mode Control Einschub. USA, ca. 1968

Bild oben: Hybride Steckkarte mit Fairchild Operationsverstärkern, Dioden, Transistoren und Logikbausteinen ( Mod No 22-592 ). Diese Karte ist eine der wenigen in einem noch passablen Zustand. Leider fehlt von der EAI 8800 jegliche Dokumentation. Die Aufgabe und Pinbelegung der Karte lässt sich nur in Grundzügen erahnen. Der Analogteil ließ sich mit über 180 Rechenverstärkern, 240 Koeffizienten-Potentiometern und bis zu 72 Multiplizierern bestücken - eine enorme Rechenleistung für Simulationen.




EAI 8800 Scientific Computing System, Clock Generation. USA, ca. 1968.

Steckkarte zur Erzeugung des Taktes für den Digitalteil: Stolzes 2000.000 kHz Quartz.
Mit 2 MHz ist auch der Grundtakt (Clock) des Rechners angegeben.  Vorgesehen war die Parallelschaltung von bis zu sechs EAI 8800 - Rechnern. Innerhalb von eingeteilten Sektoren ließ sich mit unterschiedlichen Takten siuliern.



EAI 8800 Scientific Computing System, USA, ca. 1968.


Bild oben zeigt den Ausschnitt eines Moduls in noch besserem Erhaltungszustand: Ein Dioden-Function-Generator (Funktionsgeber); sehr ähnlich den Modellen aus der EAI 580 oder EAI 680. Leider sind die analogen 100V-Operationsverstärker nicht Bestandteil der Einschübe. Mit diesen, in den Schubladen untergebrachten Modulen ließen sich Funktionen mit entweder 10 oder 20 Stützstellen nachbilden; genutzt werden dazu Dioden als Schalter, die bei einstellbaren Spannungen (Breaking Points "BP")  durchschalten. Mit dem Slope-Potentiometer wird der Funktionswert als y = f(x)  eingestellt.




EAI 8800 Scientific Computing System, Mode Control Panel.

Auf obigem Bild das Haupt-Bedienfeld (mit den großartigen Tastern und Schalter von CAPTOL, USA; diese Schalter finden auch in der EAI TR-48 Verwendung) zur Wahl der Betriebsarten; über dieses "Keyboard" ließen sich auch alle Rechenelemente einzeln anwählen und zur Anzeige bringen.  Unten erkennbar die Taster für die üblichen Analogrechner Betriebsarten: "PS" für Pot Set, "IC" für Initial Condition, "H" für Hold, "OP" für Operation. Die EAI 8800 galt im Produnkt-Portfolio von EAI als Großrechner und war als +/- 100Volt - Rechner ein direkter Nachfolger der noch mit Röhren arbeitenden EAI 231-RV.
Nachfolger der EAI 8800 ist Anfang der 1970er Jahre die EAI Pacer 700, von der es noch ein Exemplar im Analogrechner-Museum gibt.




EAI 8800 Scientific Computing System, Typensachild und Seriennummer

Erhalten haben wir von dieser EAI 8800 (Mod No. 3.100) auch die Elementeanzeige mit den großartigen One Plane Unit Projektionsanzeigen, sowie eine (deutschsprachige) Schulungsunterlage zum Hybridrechnen (gegenwärtig in Restaurierung).

Vergessen, keine Zeit gehabt, keine Kapazitäten, überfordert: Mit diesem Schmuckstück der Aachener Computersammlung geht ein sehr besonderer und sehr seltener Analogrechner verloren, und damit auch eine eindrückliche Erinnerung an den Wissenschaftsstandort Deutschland.

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Dokumente:
Eine Broschüre zur EAI 8800 findet sich im Computer History Museum, USA: hier
Fortschritte bei der Restaurierung des Vorgängers, einer EAI 231-RV am Fraunhofer-Institut in Birlinghoven gibt es hier
Die Seite der EAI Pacer 700 im Analogmuseum, Bad Schwalbach findet sich hier
Das gute Buch zum Analorechnen, herausgegeben von EAI im Jahre 1967, auf den Seiten von bitsavers.org hier

Vielen Dank dem ZUSE Computermuseum in Hoyerswerda !

 
  
  
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